Fallstudie 6: Schweiz: Entwicklung der ökologischen Ölsaatenproduktion mit Raps und Hanf
Cluster 2: Crop diversification under adverse conditions
Die Schweizer Bio-Fruchtfolgen könnten durch einen höheren Anteil an Ölpflanzen in der Fruchtfolge diversifiziert werden. Der biologische Anbau von Ölfrüchten ist jedoch eine Herausforderung, und die Produktionskosten sind in der Schweiz sehr hoch. Um die wirtschaftliche Situation der Landwirte zu verbessern, will diese Fallstudie die Produktion stabiler und effizienter machen. Es werden auch Direktmärkte entwickelt, um die großen Einzelhändler zu umgehen.
Was waren die Hauptprobleme, die zur Entstehung der Fallstudie geführt haben?
Das Produktionsrisiko für ökologischen Raps ist hoch. Aufgrund des starken Auftretens von Schädlingen wie Pollenkäfern oder Rüsselkäfern, des starken Unkrautdrucks sowie der begrenzten Stickstoffversorgung besteht ein hohes Risiko für schwere Ertragsverluste. Infolgedessen sind die Inlandspreise für ökologisch erzeugtes Öl im Vergleich zu importiertem Bio-Öl recht hoch. Dies hat zu erheblichen Absatzproblemen geführt.
Ein wichtiger Detailhändler in der Schweiz hat den Verkauf von Schweizer Bio-Raps (zertifiziert mit dem Knospe-Label von Bio Suisse, dem Verband der Schweizer Biobauern) aufgegeben. Sie wären zwar an Schweizer Bio-Raps interessiert, aber nur, wenn der Preis gesenkt werden könnte. Zudem sind die beiden grössten Schweizer Detailhändler nur bedingt an anderen Ölen interessiert, da sie bereits ein sehr breites Sortiment an Ölen in ihren Regalen haben. Es gibt ein Potenzial für die Weiterentwicklung der Hanfproduktion, aber nur für den Direktverkauf.
Wie wurde das Problem angegangen und welche Akteure waren daran beteiligt?
Am FiBL und bei Agroscope (Schweizerische landwirtschaftliche Forschungsanstalt) wurden Feldversuche zur Bekämpfung von Pollenkäfern mit Steinmehl oder einer olfaktorischen Ablenkungsmethode durchgeführt. Es werden auch Nutzpflanzen getestet mit dem Ziel, Unkräuter besser zu kontrollieren und die Produktionskosten entsprechend zu senken. Die Erfahrungen der letzten drei Jahre haben gezeigt, dass Nutzpflanzen im ökologischen Landbau weniger wirksam waren als im konventionellen Landbau. Im ökologischen Landbau besteht ein höheres Risiko der Konkurrenz um Nährstoffe, Licht und Wasser. Wir kamen zu dem Schluss, dass Untersaaten im ökologischen Rapsanbau weder agronomisch noch wirtschaftlich sinnvoll sind.
Eine kostengünstigere Anbaumethode für Bio-Raps könnte einen der größten Schweizer Einzelhändler (mit einem Umsatzanteil von rund 40 %) davon überzeugen, den Verkauf von Schweizer Bio-Raps wieder aufzunehmen. Da sich herausgestellt hat, dass Untersaaten nicht erfolgversprechend sind, haben wir 2021 einen Zwischenfruchtanbau mit Raps und Getreide oder Körnerleguminosen getestet, um das wirtschaftliche Risiko des Rapsanbaus mit Getreide zumindest teilweise zu kompensieren.
Der Anbau von Hanf ist recht neu und wird von verschiedenen Biobauern gefördert. Es gibt zahlreiche informelle Initiativen, bei denen die technische Beratungsunterstützung fehlt oder unzureichend ist. Biofarm (eine Schweizer Bio-Bauern- und Handelskooperation), das FiBL sowie der Sammler und Verarbeiter "AlpenPionier" arbeiten zusammen, um die Hanfproduktion in der Schweiz zu entwickeln. Bei Hanf werden Untersaattechniken getestet, um deren Wirkung auf den Unkrautdruck zu analysieren.
Lösung untersucht
Um die Produktion von Raps und Hanf weiter zu entwickeln, sind weitere Untersuchungen notwendig. Von besonderer Bedeutung ist die Durchführung von Versuchen zur besseren Schädlingsbekämpfung und/oder zur Kompensation der wirtschaftlichen Folgen (zum Beispiel mit Zwischenfruchtanbauverfahren mit zwei Hauptkulturen auf demselben Feld). Die FiBL-Ackerbaugruppe testet weiterhin verschiedene Zwischenfrüchte (on-farm) in Raps und Hanf. Zwischenfrüchte bieten eine gute und schnelle Deckung, konkurrieren mit Unkraut und können auch Schädlinge reduzieren. Die Akteure der Wertschöpfungskette, einschließlich der Erzeuger, werden durch persönliche Kontakte mit Forschern, Beratern und Verarbeitern sowie durch Veranstaltungen wie Feldbesuche besser miteinander vernetzt. Das Fallstudienteam unterstützt auch die Entwicklung eines Direktmarktes, um die Produktion von Ölpflanzen zu steigern und die ökologischen Fruchtfolgen entsprechend zu diversifizieren.
Erwartetes Ergebnis
Etablierung und Ausweitung des biologischen Rapsanbaus für den Lebensmittel- und Industriesektor in der Schweiz.
Suche nach neuen Methoden zur Ertragsstabilisierung von Bio-Raps und/oder zur Kompensation des wirtschaftlichen Risikos des Rapsanbaus.
Etablierung von neuen Bio-Ölpflanzen wie Hanf zur Diversifizierung der Fruchtfolgen.
Entwicklung des Marktes für den Direktverkauf von Ölpflanzen wie Hanf.
Ausbau der technischen Kenntnisse über Hanf und über Zwischenfruchtanbau mit Raps und Getreide.
Austausch von Wissen mit anderen Projektpartnern.
Relevanz für die DiverIMPACTS-Ziele?
Diese Fallstudie trägt zu einer stärker diversifizierten Agrarlandschaft mit geringeren Auswirkungen auf die Umwelt und die Produktion von Ökosystemleistungen bei. Der Umweltnutzen ergibt sich aus dem geringeren Einsatz von Betriebsmitteln in solchen Systemen. Darüber hinaus können die verschiedenen Techniken, die im ökologischen Landbau eingesetzt werden, den konventionellen Sektor inspirieren und insgesamt zu positiveren Auswirkungen führen. Schließlich werden die Märkte für Bio-Raps und -Hanf durch eine Diversifizierung der Absatzmöglichkeiten (Direktverkauf) ausgebaut. Von besonderem Interesse ist die Entwicklung der Produktion von Raps mit hohem Ölsäuregehalt, die das Einkommen der Landwirte unterstützt.
Fallstudie Legacy
Feldversuche mit Raps und Hanf werden so weit wie möglich beibehalten. Insbesondere die Versuche zu Hanf und Untersaatverfahren in Zusammenarbeit mit Bio Suisse werden im Rahmen eines separaten Projekts weitergeführt. Ein Projekt, das in Synergie mit DiverIMPACT entwickelt wurde, wird einige der in der Fallstudie durchgeführten Arbeiten weiterführen. Es handelt sich um eine Zusammenarbeit mit dem Schweizer Forschungsinstitut Agroscope über die Rolle verschiedener Rapssorten bei der Insektenbekämpfung. Darüber hinaus wird erwartet, dass Bioverbände wie Biofarm ihre eigenen Anstrengungen fortsetzen, um neue agronomische Lösungen zu finden und die Schweizer Ölproduktion zu steigern. Die Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren der Wertschöpfungskette, darunter Pflanzenoel und AlpenPionier, wird so weit wie möglich aufrechterhalten, um alternative Märkte und damit die Schweizer Ölproduktion zu erhalten oder zu entwickeln.
Weiterführende Informationen
Links
- zenodo.org:Praxisbericht "Vermeidung von Hacken im Bio-Raps"
- youtube.com: Anbau von Raps und Bekämpfung Rapsglanzkäfer (Juni 2016)
Team der Fallstudie
- Hansueli Dierauer, FiBL, Leiter der Fallstudie
- Sylvain Quiédeville, FiBL, Fallstudienbegleiter